Ziel der Thuner Hornusser ist die Rückkehr in die Nationalliga B

  06.06.2024 Sport-Reportagen

Vor 120 Jahren begannen junge Thuner Bauern auf der «Velomatte», dort wo sich heute der Bahnhofplatz befindet, zu Hornussen. Zwei Jahre zuvor war der Eidgenössische Hornusserverband gegründet worden, dem die Thuner Hornussergesellschaft 1906 beitrat. Seither ist nicht nur viel Wasser den Thunersee und die Aare hinuntergeflossen, sondern hat sich auch der Sport mit Stecken und Schindel schnell entwickelt.

Wie Schwingen gilt auch Hornussen als Schweizer Traditionssportart und wie Platzgen wird auch vor allem im Bernbiet dem Sport gefrönt, bei dem der Nouss vom Bock aus geschlagen oft mit gegen 300 Stundenkilometern durch die Luft fliegt. Insgesamt 135 Gesellschaften sind heute dem Verband angeschlossen, nicht weniger als deren 107 stammen aus dem Kanton Bern. Auch die besten Teams, die meist an den Festen und in der Meisterschaft obenaus schwingen, Höchstetten, Wäseli, Bern-Beundenfeld und Wasen, stammen aus der nahen Umgebung.

An der Spitze bald wieder mitmischen möchten auch die Thuner Hornusser. Verschiedene Erfolge feierte die Hornussergesellschaft Thun mit Spitzenplätzen an regionalen Festen, 2018 gelang der Aufstieg in die Nationalliga B, wohin man jetzt nach dem Abstieg Ende letzter Saison aus der 1. Liga wieder aufsteigen möchte. Auch als Organisator von Festen geniessen die Thuner einen hervorragenden Ruf. Bereits dreimal fand das Eidgenössische auf der Thuner Allmend statt (1912, 1933 und 1960). Ob der Aufstieg schon in dieser Saison bewerkstelligt werden kann, ist allerdings fraglich, steht Thun doch derzeit nur auf einem Rang im Mittelfeld.

Aufstieg vertagt
«Wir hatten einen missglückten Start in die Saison und wurden quasi kalt erwischt. In der Folge haben wir das ursprüngliche Saisonziel Platz 1–3 nach unten korrigiert und streben jetzt einen Rang im vorderen Mittelfeld an», sagt Präsident Sean Oesch, der gleichzeitig auch Spieler in der ersten Mannschaft der Thuner Hornussergesellschaft ist, die in der Gruppe 4 der 1. Liga spielt. Doch der Aufstieg ist damit nicht aufgehoben, sondern nur aufgeschoben. «In den nächsten drei Jahren streben wir den Wiederaufstieg an», sagt Sean Oesch, der sportlich auf vielen Hochzeiten tanzt. Beim HC Lerchenfeld spielte er Eishockey, beim SHC Belpa pausiert er derzeit, ist aber normalerweise im Strassenhockey aktiv und sein neustes Steckenpferd ist Timbersports, wo sich die Aktiven im Sport-Holzfällen messen und Sean Oesch bereits erfolgreich an Weltmeisterschaften teilnahm.

Yule Oesch – der Langschläger
Bester Hornusser bei den Thunern ist Yule Oesch, der Bruder des Präsidenten. Er ist der Mann mit den längsten Streichen – er ist so stark, dass sogar der mehrfache Meister Bern-Beundenfeld sich um ihn bemühte und ihm einen Wechsel schmackhaft machen wollte. Yule ist neben seinen Aktivitäten im Ries auch Teamchef und nebenbei als Eishockeyspieler beim EHC Brandis und als Strassenhockeyspieler beim SHC Belpa tätig.
Die Mannschaft der Thuner Hornusser ist eine bunt gemischte Truppe. «Die Jüngsten bei uns sind 16, die Ältesten um die 70 Jahre alt, hin und wieder sind sogar 14-jährige Nachwuchsspieler dabei. Dass junge und alte Hornusser im gleichen Team spielen, manchmal auch Vater und Sohn, macht beim Hornussen besonderen Spass», sagt Sean Oesch. «Die Geselligkeit ist uns besonders wichtig, auf die Kameradschaft und den Zusammenhalt legen wir grossen Wert», sagt der Präsident. «Querulanten, auch wenn sie noch so lange Streiche schlagen und im Ries ein Adlerauge haben, finden keinen Platz», so Sean Oesch, der mit seinem Teamkollegen einmal wöchentlich, jeweils am Donnerstagabend, auf der Thuner Allmend trainiert. Daneben stehen die Thuner individuell am Bock und schlagen ihre Streiche, immer dann, wenn sie Zeit und Lust haben. Zum Hornussen gefunden hat der Klubpräsident im Jahr 2006, als er im Schulsport bei den Hornussern schnuppern durfte und ihn dieser Sport sogleich begeisterte. «Die Tatsache, dass man einerseits beim Schlagen ein Einzelsportler in einem Team ist, im Ries beim Abtun aber die Mannschaft als Ganzes funktionieren muss, macht einen Teil der Faszination unserer Sportart aus.»

Eidgenössisches in Höchstetten
Das Eidgenössische Hornusserfest in Höchstetten, das vom 23. bis 25. August und vom 30. August bis 1. September stattfindet, ist eines der Saisonziele der Thuner Hornussergesellschaft. Thun ist in die 3. Stärkeklasse eingeteilt und trifft im Auftaktspiel auf das Team von Utzenstorf-Koppigen A, das die Meisterschaft ebenfalls wie die Thuner in der 1. Liga bestreitet. «Wir möchten mit einem Horn die Heimreise antreten», gibt Sean Oesch eine klare Zielvorgabe. Dies bedeutet nicht weniger, als dass sich die Thuner in den ersten vier Rängen klassieren. Damit dies gelingt, müssen sich die Oberländer vor allem beim Abtun im Ries steigern. In der Meisterschaft haben sie bereits sechs Nummern kassiert – ein Wert, der eine Spitzenklassierung verhindert.

Firmen und Schulen
Nicht selten finden sich Firmen, Vereine und Schulklassen auf der Allmend zu einem Teamevent ein. Vom Apéro über die Einführung durch erfahrene Hornusser bis zum selbst Schlagen und Abtun mit anschliessendem Nachtessen bietet die Thuner Hornussergesellschaft ein abendfüllendes Programm an. Pierre Benoit


HG Thun
3 Mannschaften
(1. Liga, 4. Liga, Nachwuchs)
90 Mitglieder
(50 Aktive, 26 Passive, 14 Junioren)
Präsident: Sean Oesch
Teamchef 1. Mannschaft: Yule Oesch
Spielfeld: Allmend Thun, 3600 Thun
www.hornusserthun.ch


Meilensteine der HG Thun

1904 Gründung Hornussergesellschaft Thun, erster Spielplatz auf der
«Velomatte» (heutiger Bahnhofplatz)

1906 Beitritt Eidgenössischer Hornusserverband

1912 1933, 1960 Eidgenössisches Hornusserfest in Thun

1970 Bau der Panzerhallen, Verschiebung des Standorts auf das heutige Spielfeld der Allmend

2018 1. Rang in der 1. Liga, Aufstieg in die NLB


Meitschi- und Frauenhornussen

Am Samstag, 21. September 2024, gehört die Thuner Allmend den Meitschi und Frauen. Das Frauenhornussen findet zum 15. Mal, das Mädchenhornussen zum 4. Mal statt. In den letzten Jahren nahmen jeweils knapp 100 Frauen und Mädchen an diesem einzigartigen Event teil.

 


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