Vergessen, vorbei und mit Selbstvertrauen einen neuen Angriff starten

  04.07.2024 Sport-Reportagen

Andres «Ändu» Gerber, der Präsident des FC Thun Berner Oberland, ist ein positiv denkender Mensch. Letztmals bewiesen hat er dies nur Minuten nach dem verlorenen Barrage-Spiel gegen die Grasshoppers in der Stockhorn Arena. Kein Wort über den unnötig verursachten Corner oder die ausgelassenen Chancen. Gerber blickte schon da nach vorne. «Wir starten nächste Saison einen neuen Anlauf», meinte er kurz und bündig.

Dieser neuerliche Versuch, den Sprung in die Super League zu schaffen, starteten die Thuner mit einem Trainingslager in Saanen und einem 3:0-Sieg im ersten Test gegen den FC Stade Nyonnais sowie dem Erfolg am Burkhalter Cup mit Spielen gegen YB (2:0) und den FC Breitenrain (4:1). Weitere fünf Vorbereitungspartien folgen, ehe am 19. Juli mit dem Auswärtsspiel gegen den FC Aarau die Mission Rückkehr in die oberste Spielklasse beginnt.

Ist die Enttäuschung über den Nicht-Aufstieg verdaut?
Ich persönlich habe das sofort nach dem Schlusspfiff abgehakt und vergessen. Der Fussball ist so, man braucht alle Energie für das, was kommt.

Wie sieht es in den Köpfen der Spieler aus? Sind sie bereit für den neuen Anlauf? Wie haben Sie die Stimmung im Trainingslager in Saanen wahrgenommen?
Es ist augenfällig, dass dies kein Thema mehr ist. Niemand schaut zurück, alle schauen nach vorne. Die Spieler sind noch stärker motiviert und gewillt, es in dieser Saison besser zu machen. Die Stimmung ist sehr gut, die Vorfreude riesig und ich stelle fest, dass sich die Spieler untereinander gut verstehen. Die Blutauffrischung tut der Mannschaft gut, es wächst wieder etwas zusammen.

Mit Daniel dos Santos ist einer der wichtigsten Spieler zum FC Lugano gezogen. Auch Koro Kone verlässt Thun, er wechselt zu Xamax. Diesen Abgängen steht mit Tresor Samba von der AC Bellinzona in der Offensive erst ein Zuzug gegenüber. Planen Sie noch weitere Transfers zu tätigen?
Klar, Sportchef Dominik Albrecht ist am Wirbeln. Wir wollen aber nichts erzwingen oder überstürzen, es braucht immer auch Vertrauen und Geduld, wir haben keine Panik. Bei uns sind alle Kaderspieler wichtig, ich mache mir keine Sorgen, sondern bin überzeugt, dass wir wieder mit einer tollen Mannschaft in die Saison steigen werden.

In letzter Zeit wirkt der FC Thun Berner Oberland auch ausserhalb des Rasens sehr aktiv. Neue Sponsoren, mit Visana auch ein neuer Platin Partner, neue Verwaltungsräte. Wo sehen Sie die Gründe, dass der FC Thun auf immer grössere Unterstützung in der Region zählen kann und auch die Zuschauerzahlen steigen?
Da sind viele Faktoren zu erwähnen. Seit einigen Jahren arbeiten wir an vielen Fronten dafür. Dass wir mit eigenen Jungen oder solchen aus der Region arbeiten, macht viel Sinn und kommt gut an, auch die jüngst erfreulichen Ergebnisse haben einen positiven Einfluss. In finanzieller Hinsicht haben wir eine Lösung gefunden, wir sind breiter abgestützt. Die Spirale dreht sich nach oben, das ist eine grosse Genugtuung und motiviert die Spieler, den Staff, die Geschäftsleitung und alle, die in irgendeiner Form zum Erfolg des FC Thun Berner Oberland einen Beitrag leisten. Unser Selbstbewusstsein ist gestiegen, die Arbeit macht richtig Spass.

Am 13. Juli planen Sie vor Saisonbeginn ein grosses Fest, den sogenannten «Season opener». Ein Spiel gegen den FC Sochaux, eine Autogrammstunde mit dem Fanionteam, Präsentation der neuen Trikots und des neuen Maskottchens – die Marketing-Abteilung lässt sich einiges einfallen, um den FCT in der Region noch tiefer zu verankern.
Wir wollen die momentan positive Stimmung ausnützen. Es ist schön, dass wir aktiv sind und uns der Thuner Bevölkerung, die uns grossartig unterstützt, so präsentieren dürfen.

Liegt eines der Geheimnisse des Thuner Erfolgs darin begründet, dass die Mischung zwischen erfahrenen Spielern und jungen Wilden passt?
Mit dieser Vermutung liegen Sie richtig. In den letzten zwei Jahren ist der Anteil an jungen Spielern aus den eigenen Reihen massiv gestiegen. Jetzt sind acht Spieler aus der U21 im Trainingslager dabei, es tut sich etwas. Und die Jungen werden auch älter. Justin Roth, Nino Ziswiler, Marc Gutbub, Lucien Dähler, Valmir Matoshi – sie sind oft eingesetzt worden und zählen bereits zu den bestandenen und erfahrenen Jungen.

Ein Wort noch zum Nachwuchs: Hier ist der FC Thun besonders aktiv. Die U21 spielt in der 1. Liga classic, weitere sieben Nachwuchsteams sind in der Meisterschaft engagiert und mit den Kids Camps an acht verschiedenen Standorten zwischen Grosshöchstetten und Interlaken engagiert sich der FCT für die Kinder in der Region und betreibt Imagepflege.
Für uns sind die Klubs in der Region wichtig, wir pflegen einen regelmässigen Austausch. Auf den Nachwuchs haben wir immer grösseres Gewicht gelegt. Der Aufwand ist zwar sehr gross, doch mit dem Einbau junger Spieler mit Potenzial ins Kader der ersten Mannschaft zahlt sich die Arbeit durchaus aus. Das Ganze kommt mir vor wie ein Rattenschwanz – eine positive Nachricht zieht die nächste nach sich.
Pierre Benoit


Andres Gerber wurde am 26. April 1973 in Belp geboren. Er begann seine Karriere als Spieler im Nachwuchs des FC Belp und wechselte 1992 zu den Young Boys. 1998 erfolgte der Transfer zu Lausanne-Sport (Cupsieger 1999). Von 2000 – 2003 trug er das Dress der Grasshoppers (Meister 2001 und 2003), von 2003 – 2009 des FC Thun Berner Oberland. 4 Länderspiele im Jahr 2000, 345 Spiele in der Nationalliga A (38 Tore). 2009, nach Abschluss der Karriere, wurde er im FC Thun Sportchef. Seit 2020 ist er Präsident.


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