Offensiv nach dem Motto «Angriff ist die beste Verteidigung»

  02.08.2024 Sport-Reportagen

Eigentlich läuft im FC Steffisburg alles perfekt und in Minne. Das Fanionteam hat die vergangene Meisterschaft im Mittelfeld abgeschlossen und Präsident und Trainer blicken hoffnungsvoll auf die kommende Saison, in der eine Verjüngung der Mannschaft angestrebt wird. Einen grossen Stellenwert misst man im Verein der Nachwuchsförderung bei, spielen doch nicht weniger als 19 Equipen (davon zwei Mädchenteams) in der Juniorenmeisterschaft mit. Doch den Klub plagen auch Sorgen.

«Es kommen zwei ganz schwierige Jahre auf uns zu», sagt Heinz Gilgen, seit vielen Jahren Präsident, früher Spieler, Trainer der 1. Mannschaft und zahlreicher Juniorenteams und seit 50 Jahren Vereinsmitglied.
Die Stimmberechtigten der Gemeinde Steffisburg haben am 25. September 2022 für eine neue Schul-, Kultur- und Sportanlage in der Schönau mit einer Dreifach-Turnhalle, einem Kunstrasenfeld und Aussenanlagen sowie einer Einstellhalle mit integrierter Zivilschutzanlage einen Verpflichtungskredit von brutto 20,9 Millionen Franken bewilligt. So weit, so gut und für den FC Steffisburg höchst erfreulich, dass die Infrastruktur für den Verein verbessert wird, auch wenn er trotzdem dringend auf ein weiteres Spielfeld angewiesen ist, weil der Andrang der Kinder gross und grösser wird und eine Warteliste erstellt werden muss.
Der Baubeginn ist am nächsten Montag vorgesehen, kurz vor Beginn der Saison 2024/25, was für den FC Steffisburg nichts anderes bedeutet, als dass die meisten Mannschaften in den kommenden zwei Jahren (so lange ist die Bauzeit geplant) erschwerte Trainingsbedingungen haben und sogar Heimspiele auf fremdem Terrain austragen müssen. Die 1. Mannschaft sowie weitere Teams werden weiterhin auf dem Eichfeld spielen und teilweise trainieren, weitere Trainingsplätze sind die Sportanlage Zelg und Erlen sowie Schulhausplätze. Für das Gros der anderen Equipen müssen kostspielige Ersatzlösungen gefunden werden, trainiert wird in Thun Süd neben der Stockhorn Arena, in Oberdiessbach und auf zwei Feldern in Uetendorf.
Am Tag vor dem Baubeginn wird das 2004 erstellte Klubbeizli «verabschiedet» - der Bau des neuen Restaurants wird einen happigen Betrag in sechsstelliger Höhe kosten, die Frage nach der Finanzierung löst beim Präsidenten einige Stirnrunzeln aus. Doch kurz darauf überwiegt wieder der Optimismus. «Zwar stehen uns zwei sehr schwierige Jahre bevor, die es bestmöglich zu überstehen gilt, doch wenn die ganze Bauzeit vorbei ist, werden wir als Verein an Attraktivität gewinnen», sagt Heinz Gilgen.

Der sportliche Blick nach vorne
Die Anziehungskraft des FC Steffisburg wird sich mit der neuen Anlage mit Bestimmtheit steigern, eventuell liesse sich dann auch eines der Probleme des Fanionteams lösen. Steffisburg ist im Corona-Jahr 2021 nur mit viel Pech und aufgrund des Meisterschaftsabbruchs von der 2. Liga regional in die 3. Liga abgestiegen. Mit dem Blick auf die Torschützenliste der vergangenen Saison wird das Hauptproblem des FCS offensichtlich. Während andere Vereine über Spieler mit ausgeprägtem Torriecher im Stile Gerd Müllers oder Jean-Pierre Nsames verfügen, die pro Saison regelmässig 20 und mehr Treffer erzielen, muss man weit nach hinten blicken, um mit sechs respektive fünf Toren die erfolgreichsten Steffisburger Skorer zu finden. «Das ist so und schwierig zu ändern», sagt Roger Probst, seit neun Jahren Coach des Fanionteams. Obwohl Steffisburg einen offensiven Fussball pflegt, hapert es mit dem Tore schiessen. Roger Probst: «Wir suchen immer eine spielerische Lösung, pflegen einen attraktiven Fussball mit viel Ballbesitz, denn Angriff ist bekanntlich die beste Verteidigung. In der Grundaufstellung betreiben wir ein 4-5-1-System, in der Offensive ein 4-3-3.» Für die kommende Saison plant der erfahrene Trainer eine Blutauffrischung. Er stand bereits 2018 beim Aufstieg in die 2. Liga regional an der Seitenlinie und erlebte auch 2021 den Abstieg mit – «uns fehlte ein Tor und ein Punkt, als die Saison abgebrochen wurde, im entscheidenden Spiel kassierten wir das verhängnisvolle Tor in der Nachspielzeit.» Präsident Heinz Gilgen ergänzt: «Ich bin sicher, dass wir nicht abgestiegen wären, hätte die Meisterschaft zu Ende gespielt werden können.» Doch für die Beiden ist das passé – sie blicken nicht zurück, sondern in die Zukunft.

Die 1. Mannschaft, die seit vielen Jahren in praktisch unveränderter Besetzung spielt, zu verjüngen, ist der Plan für die kommende Saison. Dies ist auch deshalb nicht ganz einfach, weil der Sprung von den B-Junioren in die 3. Liga vor allem in körperlicher Hinsicht hohe Anforderungen stellt. «Bei den B- und C-Junioren pflegen wir zusammen mit dem FC Allmendingen, dem FC Lerchenfeld und dem FC Heimberg eine Gruppierung. Der Standort des sogenannten Teams Thun Nord ist im Lerchenfeld, weil dort mit Kunstrasen die beste Infrastruktur vorhanden ist. Eigentlich sollten die FCS-Junioren später zu uns zurückkehren, doch ist das schwierig umzusetzen, wenn in der Zwischenzeit neue Freundschaften entstanden sind und sich die Knaben im Lerchenfeld wohlfühlen», sagt Trainer Roger Probst. Die Junioren mit dem grössten Potential gibt Steffisburg an den FC Thun Berner Oberland ab, eine Tradition, welche die meisten Vereine in der Region pflegen.

Die Sorgen um das dritte Spielfeld
Auch wenn der Neubau in der Schönau abgeschlossen sein wird, muss der FC Steffisburg weiterhin mit Platzproblemen kämpfen. «Wir sind dringend auf ein drittes Spielfeld angewiesen, sonst können wir dem noch stärker zu erwartenden Ansturm im Nachwuchsbereich nicht gerecht werden. Die vergangene EURO und die Frauen-EURO 2025 mit drei Spielen in Thun werden nochmals einen Boom auslösen, dem wir nur gerecht werden können, wenn wir ein drittes Spielfeld erhalten», sagt Präsident Gilgen.
Pierre Benoit


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