Im Dienst der Gemeinschaft – die Burgergemeinden

  19.09.2024 Reportagen

Ein Tag für alle. Auch wir waren dabei: Hier sind die Impressionen vom 14. September. Auf Tuchfühlung mit den Burgergemeinden Thun, Steffisburg und Heimberg.

Schweizweit öffneten am vergangenen Samstag die öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die Burgergemeinden, Bürgergemeinden, Ortsbürgergemeinden, Korporationen, Gesellschaften und Zünfte, Patriziati und Bourgeoisies ihre Türen und zeigten der Bevölkerung ihr vielseitiges Engagement. Von der Waldführung, über den Tanzanlass bis zum Dorffest – entstand ein Tag für alle! Dieser nationale Tag der Burgergemeinden und Korperationen wurde so auch zum Anlass für einen eigenständigen Anlass der Burgergemeinden Thun, Steffisburg und Heimberg. Die Burgergemeinden leisten viel zum Wohle der Allgemeinheit, insbesondere in den Bereichen Soziales, Kultur, Sport, Landwirtschaft und Forst. Das Programm des hiesigen Tages der Burgergemeinde fokussierte sich auf Themen rund um Wald, Sport und Kultur.

Ursprung der Burgergemeinde
In der Schweiz gibt es rund 1600 Burgergemeinden und Korperationen. Sie haben eine lange Tradition und sind in vielen Kantonen fest in die lokale Gemeinschaft integriert, wo sie Aufgaben in den Bereichen Kultur, Soziales und teilweise auch die Verwaltung von Gemeindegütern übernehmen. Sie haben ihren Ursprung im Mittelalter, als sie aus den ehemaligen Dorfgemeinschaften und Stadtbürgern hervorgingen. Die Burgergemeinden entwickelten sich aus den Allmendegemeinschaften, die gemeinsam Ländereien und Wälder nutzten und verwalteten. Zum Merken: Als Allmend bezeichnete man einst eine Nutzfläche im Besitz der Allgemeinheit.
Ursprünglich hatten nur Bürgerinnen und Bürger mit Burgerrecht Zugang zu diesen Ressourcen und bestimmten Rechten, wie der politischen Mitbestimmung und der Armenfürsorge. Mit der Zeit wandelten sie sich von rein wirtschaftlich ausgerichteten Gemeinschaften zu wichtigen Kultur- und Sozialträgern. Heute spielen sie eine zentrale Rolle beim Bewahren des kulturellen Erbes und beim Fördern des Gemeinwohls in der Schweiz.

Zum Wohle von allen
Im 19. Jahrhundert wurden die heutigen Einwohnergemeinden geschaffen und aus den Gemeindegut-Verwaltungen entstanden die Burgergemeinden. Damals übertrug man den politischen Gemeinden sämtliche öffentlichen Aufgaben. Die Burgergemeinden ihrerseits übertrugen etwa das Schulhaus, das Rathaus und andere gemeinnützige Besitztümer an die Einwohnergemeinden. Im Gegenzug erhielten die Anteilhabenden der Gemeindegüter die Verwaltung des Gemeindegutes und das Armenwesen.

Die Burgergemeinde Thun ist eine gemeinnützige Personalgemeinde, die sich aus Personen zusammensetzt, welche das Burgerrecht von Thun durch Abstammung oder Einburgerung besitzen. Sie engagiert sich sehr vielfältig und ist Arbeitgeberin von über 120 Mitarbeitenden. Im Burgergut Thun in Steffisburg führt sie das Restaurant Schüür, betreibt das Burgerheim und bietet Seniorenwohnungen mit Dienstleistungen an. Zudem wirkt sie in der Sozialhilfe und übernimmt mit dem Burgerarchiv ihre Verantwortung beim Bewahren von Geschichte. Sie entlastet dank ihren Diensten Steuerzahlende, Einwohnergemeinden und den Kanton. Das nachhaltige (Be-)Wirtschaften steht für sie im Zentrum. Steuern kann sie wie alle Burgergemeinden keine erheben, so erwirtschaftet sie alles selber. Der Zukunft blickt sie zuversichtlich entgegen – aktuell mit einer Burgerschaft von 3600 Personen.
Die Burgergemeinde Steffisburg betreibt als Wald- und Landbesitzerin in Steffisburg eine nachhaltige Wald-, Land- und Bodenpolitik. Sie strebt den Erhalt ihres Grundbesitzes an. Das naturnahe Bewirtschaften und Pflegen des Waldes haben für sie einen hohen Stellenwert. Ihre Wälder sollen der Bevölkerung als Erholungsraum dienen. Das Bewusstsein über den Wert des Forstes fördert sie aktiv. Historisch verwurzelt und ihrem kulturellen Erbe verpflichtet, wirtschaftet sie vorausschauend und nachhaltig. Sie setzt sich aus Personen zusammen, die das Burgerrecht von Steffisburg besitzen – aktuell zählt die Burgerschaft hier rund 300 Personen.
Die Burgergemeinde Heimberg übernimmt ebenfalls diverse Aufgaben wie Waldunterhalt, Zurverfügungstellung von Wohnraum und Land im Baurecht – sowie den Betrieb von einem Töpfermuseum und einem Waldlehrpfad. Ausserdem verwaltet sie das Erbe der «Burg zu Heimberg», einem rund 800-jährigen historischen Ort im Heimberger Buechwald. Mit all ihrem Wirken leistet auch sie einen wertvollen Beitrag an das Gemeindewohl. Erstmals urkundlich erwähnt wurde sie 1619. Ihre Burgerschaft zählt aktuell 50 ortsansässige Burgerinnen und Burger.
Die drei Burgergemeinden haben seit diesem Jahr zusammen mit der Einwohnergemeinde Steffisburg das Bewirtschaften ihrer Wälder in die «Forst Region Thun AG» ausgelagert, mit dem Ziel, dadurch die Betriebsergebnisse zu verbessern. Die neue AG wurde am Anlass durch Betriebsleiter Quirinus Wyttenbach vorgestellt.

Ein Tag für alle
Die Chance, mit den hiesigen Burgergemeinden auf Tuchfühlung zu gehen, bot sich nun. So kamen Interessierte vormittags auf den Rundgang durch den Fronholz-Burgerwald in Seftigen. Danach gab es kurz nach dem Mittag eine Stadionführung durch die Stockhorn Arena, sowie nachmittägliche Einblicke in Restaurierungsarbeiten an historischen Dokumenten im Burgerarchiv. Schliesslich wurden in der zweiten Nachmittagshälfte dank des Museumsvereins Besichtigungen der Töpfermuseen in Steffisburg und Heimberg ermöglicht, wo der Jodlerclub Heimberg in der prallen Nachmittagssonne ein herzerwärmendes Ständchen zum Besten gab. Den Abschluss bildete das stimmungsvolle Gratiskonzert von «The Two Romans» im Restaurant Schüür in Steffisburg, wo der Anlass in geselliger Atmosphäre ausklang. Der Tag im Zeichen der Burgergemeinde brachte allen viele neue Kenntnisse, angeregten Austausch und positive Eindrücke.
Barbara Marty


www.bgthun.ch
www.burgergemeinde-steffisburg.ch
www.bgheimberg.ch


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